Kategorisierungsarbeit in Hilfen für Kinder und Jugendliche

Eine vergleichende Untersuchung der Verfahren der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe vor dem Hintergrund der Diskussionen um eine Gesamtzuständigkeit

Kooperation: Universität Siegen – Universität Hildesheim

Projektlaufzeit: 11.2016 – 04.2019 (28 Monate)

Projektbeschreibung

Jedes Kind und jeder Jugendliche hat „ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung“ (§ 1 Abs. 1 SGB VIII). Die Art und Weise der Förderung, sofern sie der professionellen Unterstützung bedarf, ist jedoch stark abhängig von Verfahren der Kategorisierung und Zuschreibung von Hilfebedarfen. Derzeit sind soziale Dienste für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung auf die Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) und die Sozialhilfe (SGB XII) aufgeteilt. Für die Feststellung von Unterstützungsbedarf und die Bestimmung von Hilfen in Zuständigkeit eines der Sozialleistungsträger ist eine Kategorisierung der Adressat:innen durch organisationale Verfahren notwendig.

Diese Kategorisierungsarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Sozialhilfe (Behindertenhilfe) wird im Projekt, vor dem Hintergrund der gegenwärtig diskutierten Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe, vergleichend untersucht. Darüber hinaus wird auf das Herausarbeiten von Anknüpfungspunkten für eine „inklusive Lösung“ gezielt. Mit der Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen stellt sich die Herausforderung, die Verfahren so zu organisieren, dass eine Stigmatisierung und Besonderung vermieden wird. Zudem müssen die Verfahren der kindlichen Entwicklung gerecht werden und Teilhabemöglichkeiten eröffnen.

Im Forschungsprojekt „Kategorisierungsarbeit in Hilfen für Kinder und Jugendliche“ werden die Abläufe der Fallbearbeitung in Jugend- und Sozialämtern und die Bedeutung, die diesen von den involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugemessen werden, untersucht. Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes steht die Auswertung von Verfahrensdokumenten zur Bewilligung von Hilfen in Jugend- und Sozialämtern. Ausgehend von ethnomethodologischen Forschungsansätzen werden diese als kommunikative Dokumente der Vollzugspraxis analysiert. Die Erwartung ist, dass sich in diesen feldspezifische Kategorisierungssysteme und daran geknüpfte institutionalisierte Handlungserwartungen niederschlagen und analysieren lassen.

Durchführung

Die Untersuchung wird in drei verschiedenen Kommunen durchgeführt. In einer ersten explorativen Phase erfolgt eine Analyse von Abläufen in den drei  Jugendämtern und den drei Sozialämtern. Auf der Grundlage einer Dokumentenanalyse und von Expert:innen-Interviews werden die Verfahrensabläufe in den jeweiligen Leistungsbereichen eruiert. Das hier erworbene Vorwissen wird genutzt, um in Gruppendiskussionen die Verfahrensschritte und die Bedeutung der Verfahrensdokumente zu klären.

Im nächsten Schritt erfolgt die Analyse von Fallakten. Zur Untersuchung der Verfahrensdokumente werden die ethnomethodologische Konversationsanalyse (vgl. Knauth/Wolff 1991; Wolff 1995) und die ethnomethodologische Kategorienanalyse (MCA) (vgl. Lepper 2000) verwendet. Die vergleichende Untersuchung bezieht sich vor allem auf drei Bereiche. In diesen Bereichen werden jeweils im Feld der Behindertenhilfe sowie im Feld der Kinder- und Jugendhilfe Verfahren durchgeführt. Diese führen zu sich überschneidenden oder dem Setting nach vergleichbaren Unterstützungsangeboten:

  1. Ambulante Hilfen für Kinder: SPFH (Kinder u. 6 Jahre) – Frühförderung behinderter Kinder,
  2. Hilfen in der Schule: Schulhilfen/Schulbegleitung nach dem SGBVIII – Schulbegleitung nach dem SGB XII,
  3. Stationäre Hilfen: Stationäre Unterbringung nach dem SGB VIII – Stationäre Unterbringung nach dem SGB XII.

Projektfinanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Team

Daniela Molnar (Siegen), Prof. Dr. Albrecht Rohrmann (Siegen), Anna Renker (Hildesheim), Dr. Andreas Oehme (Hildesheim), Prof. Dr. Stephan Wolff (Hildesheim)

Kontakt

KatGo@uni-hildesheim.de und KatGo@uni-siegen.de

Gefördert und finanziert durch